Alle Wege führen nach Rom – aber wie kommt man von dort auch wieder weg? Die Abzocke. Teil 1
Im Nachhinein weiß man immer alles besser. Aber geplant wird im Vorhinein. Für mich persönlich bedeutet das: schöne Sachen (also Reisen :-)) unternehmen, auf die man:frau sich freuen kann, vor allem nach einer besonders anstrengenden Zeit.
Um es kurz zu machen, ich hatte eine Auszeit dringend nötig, da mich die letzten Monate mit meiner hochbetagten Mutter und diverse damit verbundene Aktionen den letzten Nerv gekostet haben. Am 24.12. noch mal schön Weihnachten mit Familie (inkl. Oma) unterm Baum feiern und dann nichts wie weg. Und zwar ganz alleine! Gedacht, getan.
Das Zugticket (one way) nach Rom war nicht sonderlich teuer, ich erstand es nach einer spontanen Eingebung am Abend des 21. Dezember, natürlich online. Heutzutage geht das ja mit nur einem Klick – schon ist dein Schicksal besiegelt, bzw. deine Zukunft ein Stück weit vorausgeplant.
Wegen der Rückfahrt wollte ich mir alle Optionen noch offen halten. Wer weiß, wie das Wetter wird, wie lange es mir Spaß macht, in der ewigen Stadt herumzustapfen, es gibt ja so viel zu sehen…hmmm… eventuell sogar dort Silvester feiern, ja warum denn nicht? Obwohl, ein Konzert am 30.12. wäre in Wien zu singen, da sollte ich schon wieder zu Hause sein, außer… naja. Also, zur Sicherheit nur die Hinfahrt buchen, im Liegewagen, ÖBB Nightjet: einmal schlafen und “bling” – schon bin ich in Rom. Wie Weihnachten ist das.
Der erste Cappucino am Bahnhof schmeckt göttlich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich pandemiebedingt nun schon zwei Jahre auf Italien-Entzug bin. (Wahnsinn.) Das Hotel ist fußläufig erreichbar (so war das ja klugerweise geplant). Ich laufe an den ausgedehnten Diokletian Thermen vorbei (was ist das denn für ein Riesen-Ziegel-Haufen?? – sicher was Wichtiges) und stehe nach 15 Minuten an der Rezeption. Es ist 9:30, ich bin ziemlich übernachtig von der Zugfahrt (böse Zungen würden jetzt behaupten, ich hätte ja auch einen “Liegewagen” und keinen “Schlafwagen” gebucht – den gab es leider nimmer!).
“Herzlich Willkommen! Unser check in beginnt um 15:00 :-)” Oida! Sie können aber sehr gerne Ihr Gepäck schon mal da lassen. Und an der Bar einen Kaffee trinken. Oder wenn Sie möchten: ein “early check in” wäre auch möglich, ab 11:00 kostet zzgl. Eur 28.- Grins.”
Kurze Überlegung, schnelle Kapitulation: ich bin saumüde und will dieses kuschelige Hotelbett JETZT, SOFORT! Oder halt möglichst bald. Ich trinke einen Kaffee und oh, Wunder, das Bett ist nach ca. 10 Minuten schon fertig.
Ich schlafe eine Weile süß und nehme danach die Stadt in Angriff. Eigentlich will ich nur in so eine kleine Bar, für meinen Cappucino No.3 und ein kleines Tramezzino. Nicht so leicht zu finden, dafür gibt es jede Menge Restaurants, Pizzerien, Fast Food Lokale, Osterias. Ich bleibe hartnäckig. Das Kollosseum taucht vor mir auf. Ich weiß, in welche Richtung ich gehen muß. Bis zum Petersdom ist es zwar noch ein Stück, aber der Platz hier vor dem Amphitheater ist schon voll “urbi et orbi” also voll “ur und oag”. So viele Menschen tummeln sich da, es “wurlt” in alle Richtungen und es ist laut. “Wollen Sie eine Privat Tour buchen? Heute ist das Ticket Office geschlossen! Ich biete Ihnen…” Nein, danke.
Das akustisch Wertvollste hier stellt für mich ein junger Mann mit seiner Gitarre dar (natürlich auch der verstärkt), den man aber erst jetzt hört, wo der Schlager-Karaoke-Playback-Sänger mit seiner Turbo Anlage eine Pause macht. Dazwischen wui wui, knarrz, knarrz, tok, tok tok… Spielzeug Elektro Autos, die leuchten und sich drehen, diverse batteriebetriebene Plastikmonster, die zum Verkauf angeboten werden, Sonnenbrillen, Halstücher, Schmuck, Handtaschen und Vieles mehr – allesamt feilgeboten von kohlrabenschwarzen Menschen, die perfekt englisch oder französisch sprechen. In der Ferne quäkt ein Dudelsack. Auch das (gibt es) noch.
Doch die Sonne scheint an diesem 26. Dezember und es hat herrliche 17 Grad. Ich schreite ungeachtet dieser zahlreichen Verlockungen voran und finde sogar einen freien Platz auf einer Lokalterrasse, wo ich mich niederlassen und ein Glas Prosecco im Freien genießen kann. Molto bene. Preis: Euro 6.- Na servas.